Advantage: Denglisch!

Wir haben an Dutzenden von Beispielen gesehen, dass Denglisch keine wirklichen Nachteile gegenüber der Sprache hat, welche von VDS und Konsorten willkürlich als 'Deutsch' definiert wird. Die angebliche Unverständlichkeit für eine noch angeblichere Mehrheit der Bevölkerung ist pure Erfindung, s. 'Verstehen Sie das?'. Advantage z.B. kennt man doch spätestens seit dem Tennis-Boom der 80-er Jahre.

Aber welche Vorteile hat Denglisch gegenüber dem Deutsch aus der Mitte des letzten Jahrhunderts?

 1. Kürze

In dubio pro breviore - Im Zweifel für das Kürzere! (Selbstzitat ;)

Dass deutsche Wörter grundsätzlich durch Anglizismen verdrängt werden, ist ebenfalls eine Fiktion. Denn in vielen Fällen setzt sich ungeachtet der Herkunft ganz banal das kürzere Wort durch. Deshalb sagt man meist Rechner statt Computer, Netz statt Internet, aber eben auch Meeting statt Besprechung.
Wenn der Wiesbadener Kurier Mall statt Einkaufszentrum druckt, passte letzteres wahrscheinlich nicht mehr in die Headline (welche wiederum kürzer ist als die Schlagzeile / Überschrift). Diese - meist unbewusste - Bevorzugung des geringsten Sprech- / Schreibaufwandes nennt man Sprachökonomie.

Englisch - und damit auch Denglisch - ist alles in allem kürzer als dieselbe Information in 'reinem' Deutsch. Ob DeGe in ihren altphilologischen Elfenbeintürmen es nun wahrhaben wollen oder nicht: Das ist ein gravierender Vorteil in einer Zeit, in der keiner mehr Zeit hat. Englisch nimmt nach meiner achtjährigen Erfahrung mit 1:1-Übersetzungen oft - nicht immer - nur ca. 85 - 95% des Raumes ein, den ein bedeutungsidentischer deutscher Text beansprucht. Das lässt sich auf jeder zweisprachigen Website nachprüfen, z.B. hier:

 Berlinale Homepage <=>  Berlinale Homepage
Zählen Sie doch mal die Zeilen in korrespondierenden Absätzen!
Oder per copy & paste ins Word sogar die Zeichen mit / ohne Leerzeichen, hier für den ersten Absatz:
 "Zum letzten Mal ...": 701 / 602 <=>  "For the last time ...": 660 / 550.

Nochmals: Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt vielsilbige englische Wörter, z.B. Adverbien lateinischer Herkunft. Aber ex-tra-or-di-na-ri-ly ist trotzdem kürzer als 'au-ßer-ge-wöhn-li-cher-wei-se' (was übrigens nicht dasselbe bedeutet, aber analog gebildet wird: Adjektiv + Adverb-Suffix). Gegen die Mehrzahl der Denglisch-Wörter geraten ihre deutsche Entsprechungen sprachökonomisch aufgrund der Silben- oder Buchstabenzahl klar ins Hintertreffen. Einige alltägliche Beispiele:


Neben der Kürze spielen also zuweilen Bedeutungsunterschiede eine Rolle, siehe 15.01.2011 - Der INDEX ....
Noch ein ebenso gern wiedergekäutes wie missratenes DeGe-'Argumentations'-Beispiel, z.B. in diesem Pamphlet (vom VDS abgekupfert):
Jaha, beide Begriffe haben drei Silben. Sehr geehrte Pappnasen: Genau deshalb sagt man ja auch SloMo!
Von einer 'ZeiLu' hingegen habe ich noch nie gehört (von einem "Windableitblech" übrigens auch nicht).

 By the way:
Englisch ist vor allem deshalb i.d.R. kürzer, weil - neben minimalistischen Top-100-Wörtern wie I, do, me, as, if, of, no usw. - lange Vokabeln radikal, oft ohne Rücksicht auf den Wortstamm, auf eine Silbe zurechtgestutzt werden:

refri(d)gerator, pedestrian, laboratory, perambulator, magazine, telephone, cellular phone usw. etc. pp. ...

Beschwerden von antiken Vereinen, dass durch solche Rationalisierungserfolge ihre Sprache "verstümmelt" und "verhunzt" werde, sind nicht bekannt. :o)

 2. Internationale Verständlichkeit

Wenn DeGe von der Deutschen Bahn fordern, der Service Point müsse wieder 'Auskunft' heißen, beweist dies nur, dass es ihnen mitnichten um Verständlichkeit von Sprache, sondern um Ab- und Ausgrenzung geht. Die ideale Lösung - für Deutsche wie ausländische Gäste - wäre doch wohl Information, ein sog. Internationalismus, der genauso oder mit leicht abweichender Endung in fast allen europäischen und amerikanischen Sprachen zu finden ist. Dank an die alten Römer! Ob deren universelle Wörter direkt oder auf dem Umweg über das Englische zu uns gelangt sind, ist dabei nur für krankhaft Anglophobe interessant.

Schreibweise: Gem. Google Translate gebräuchlich in:
information allen englisch-, französisch- und deutschsprachigen Ländern, Schweden,
bei zweisprachiger Beschilderung (Landesspr. + Englisch) weltweit
informacion allen spanischsprachigen Ländern
informação Brasilien, Portugal
informazione Italien
informatie Niederlande
informatsii
(Umschrift)
Russland, allen Staaten der ehem. UdSSR u. des 'Ostblocks'
informacji Polen
informacije Kroatien
informace Tschechien
informácie Slowakei
informacija Serbien, Litauen
informatii Rumänien ('t' mit Häkchen, hier nicht darstellbar)
informaatio Finnland (d.h. selbst in nicht-indogermanischen Sprachen)
információk Ungarn (s. Finnland)

Andere Internationalismen (viele weitere Beispiele in diesem lesenswerten Wikipedia-Artikel):

Nun kann man als DeGe und / oder USA-Feind die "Cocacolisierung" von Sprache beklagen. Man kann aber auch seinen Verstand einschalten und sich fragen, wem damit gedient wäre, wenn man im Ausland ein anderes Wort für seine Limo kennen müsste, wenn auf Polizeijacken heddlu (walisisch) stünde oder Taxis in jedem Land völlig anders hießen.

DeGe finden es offensichtlich erbaulich oder sind aus unerfindlichen Gründen gar "stolz" darauf, wenn sie im Ausland vertraute Wörter wie octoberfest (eigentlich auch nur Latein), sauerkraut con wuerstel oder buterbrod (russisch, Umschrift) lesen bzw. hören. Touristen in D'land aber sollen ihr(en) halloween, burger, sandwich bloß nicht wiedererkennen. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

F a z i t :

  • Denglisch ist in der Regel kürzer.
    Diesen sprachökonomischen Vorteil kann m.E. nur jemand ignorieren, der Sprache nicht als Verständigungsmittel, sondern zur Selbstidentifikation benötigt. Tipp: Ein Badezimmerspiegel tut's auch. ;)

  • Viele Denglisch-Wörter sind Internationalismen, d.h. für Milliarden von Menschen verständlich.
    Natürlich wird durch Denglisch, Franglais usw. weder kurz- noch mittelfristig eine einheitliche Weltsprache entstehen. Aber jedes einzelne Wort, das sprachübergreifend verstanden wird (wenn auch teilw. nur in Schriftform), ist doch ein Schritt in die richtige Richtung! Wie schon das gute alte deutsche Sprichwort sagt: Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach!

    In einer globalisierten Welt ein anglizismen- und damit weitgehend internationalismenfreies Deutsch als 'Einheimischen-Geheimsprache' erhalten zu wollen, von der Ausländer möglichst wenig verstehen, ist infantil, fremdenfeindlich und einfach nur bescheuert.